Freitag, 5. Dezember 2008

2.1 Philosophie, Geist und Schwung


Der Markt war vorbereitet und aufnahmefähig. Der Verkäufer, der dem Kunden Lochkartenmaschinen verkauft hatte, war noch ein echter Berater, weil er aufgrund seiner spezifischen Produktausbildung, seinem im Regelfall mitgebrachtem Hochschulwissen und seinen gezielt eingesetzten Branchenkenntnissen in der Lage war (und in der Lage sein musste), von der Ablaufentwicklung bis zur Installation der Maschinen alle notwendigen Aktivitäten durchzuführen. Das führte fast zwangsläufig zu einem innigen Kunden-/Verkäufer-Verhältnis und damit zu der von Watson angestrebten Bindung des Kunden an die IBM.
Mit der nicht gerade problemlosen Einführung des Systems /360 änderte sich das Berufsbild des VBs rapide und ist bis heute ständigen Änderungen unterworfen. Die immer komplexer werdenden Anwendungen und Systeme erforderten die Implementierung ständig wachsender Unterstützungstrupps im Bereich des Systems Engineering, der anwendungsorientierten Beratung und auch der Marketing-Unterstützung.
„Den typischen Vertriebsbeauftragten der sechziger Jahre gibt es nicht mehr“, erklärte erst vor kurzem der EDV-Manager eines IBM-Großkunden. „Die VBs von heute müssen sich sehr darauf beschränken, beim Kunden als Interpretationsexperte für interne IBM-Richtlinien aufzutreten. Das eigentliche Geschäft bringen die Spezialisten.“
Der optimale Einsatz des in unvorstellbarer Menge vorhandenen Wissens, der Zugriff auf die für jedes Detailgebiet verfügbaren Spezialisten und die geschickte Kombination aller dieser Ressourcen mit der Zielsetzung, die immer noch Erreichung der Quote heißt, ist heute der Job des VBs. Die Umweltbedingungen haben sich nur unwesentlich verändert. Noch immer wird exzellent bezahlt (VB-Einkommen lassen sich durchaus mit den Honoraren hoher Mittelmanager und niedriger Topmanager der deutschen Industrie vergleichen) und die Karrieremotivation ist ebenso noch vorhanden. Nach wie vor rekrutiert IBM ihre Manager vorzugsweise aus den Reihen des Vertriebs.
In Deutschland stehen mehr als 1000 VBs an der Verkaufsfront. Allein diese Zahl ist erschreckend für die Mitbewerber, denn jeder dieser Vertriebsbeauftragten hat im Hintergrund ein Vielfaches an Unterstützung.
Der Verkaufserfolg eines Wettbewerbers muss deshalb viel höher bewertet werden als der eines IBM-VBs.
Graik: Detlev Bertram

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