Samstag, 31. Januar 2009

Kapitel II: 6.0 Prozess-Schranken

Konkret zum Thema: Blackout beim Weitblick hatten die meisten Konkurrenten der IBM, die versuchten, sich der Marktübermacht per Prozess zu erwehren. Sie wussten zwar viel, und vieles von dem, was sie wussten, war richtig. Doch die Fähigkeit zur Überzeugung fehlte.
Ermuntert durch die Vereinigten Staaten von Amerika, die sich seit Jahrzehnten mit der IBM anlegen, versuchten kleinere Organisationen wie Telex, Memorex, Greyhound Leasing, Calcomp und Itel ihren Profit auf jursitischem Weg einzutreiben. So munter dies begann, so traurig war oft der Verlauf, denn auch rechtliche Auseinandersetzungen wurden von der IBM mit Marketingmethoden angegangen.
Im Tagesgeschäft mit den Computern muss sich der Mitbewerb einer blauen Heerschar von Verkäufern erwehren. Vor den Schranken der Antitrustgerichte zelebriert ein Herr in schwarzen Roben mit Paragraphenpower die Faszination des Multis.
So ist die Ohnmacht des Wissens gut verteilt. Weder Richter noch Staatsanwälte können beurteilen, worüber sie später zu urteilen haben. Die Zeugen der Anklage verwirren durch De-Teilwissen. Das IBM-Plädoyer ist Schweigen. Dies alle führte zu Klimmzügen, den Markt nach juristischen Definitionen zu gliedern. Da dies dem Markt nicht "gerecht" wird, potenziert sich das Problem.
Damit wird ein Fehlurteil über die Grundgesetze der Branche gefällt. Ein Prozess orientiert sich an den Ereignissen der Vergangenheit. Das Marktgeschehen ist zukunftsorientiert. Die IBM ist der Markt. So implementiert sie in ihren Marketingstrategien den möglichen Prozessausgang ein. Die Formel: 70/30. - Auflösung: Wenn die juristischen Gremen des Infokonzerns die Prozesschancen mit 70:30 kalkulieren, wird keinerlei Zurückhaltung geübt. Schon beim Resultat 69:31 werden keine Aktivitäten mehr gestartet, die dem jeweiligen Kläger Gelegenheit zur Beweisführung bieten.

Freitag, 30. Januar 2009

Kaiptel II: 5.0 Verfahrenstechnik

Professor Dr. Alexander Mitscherlich sprach in Amsterdam. Seine Zuhörer: die Top-Systemspezialisten der IBM Deutschland. Sein Thema: Ethik im Zeitalter fortgescchrittener Technologie. Sein Vorspann: eine Parabel. Zitat: "Mich hat das Leben, der Umgang mit Menschen als Beruf, nicht gerade zu einem fundamentalen Pessimisten, aber doch zu einem solchen gemacht. Inmitten einer so erfolgreich an der Naturforschung und Technologie beteiligten Gruppe wie der Ihren darf ich um Nachsicht bitten. Auch Pessimisten haben eine Lebensberechtigung. Lassen Sie mich zum Beweis dessen mit einer wahrhaft klassischen Pessimistin, mit Kassandra beginnen. Sie war, wie Sie sich erinnern, die Tochter des Priamos, des Königs von Troja. Apoll hatte ihr zuerst, um sie zu verführen, die Kraft der Weissagung verliehen. Da sie aber nicht bereit war, sich ihm hinzugeben, nahm er eine überaus eindrucksvolle psychische Operation an ihr vor. Er beließ ihr die Zukunftsschau, enthielt ihr aber die Kraft zur Überzeugung vor. Ohne diese letztere sind die Inhalte der Weissagung bedeutungslos. Die Ereignisse der Zukunft sprechen uns nicht an, vielmehr bleiben sie irreal, fahl. Sie werden zugeben, aus dem Mythos der Kassandra spricht vein verblüffender psychologischer Scharfsinn. Zu wissen, ohne überzeugen zu können, das ist ein Sachverhalt, der sich seit Kassandras Zeiten immer wieder herstellt. Es ist die Ohnmacht des Wissens."
Mit diesem Trip in die klassische Mythologie riss der Starpsychologe Mitscherlich einen Problemkreis an, von dem die IBM alltäglich zehrt und gegen den sich der Mitbewerb Tag für Tag wehrt.
In Klartext: Das Zusammenspiel von Spezialwissen und Marketing ist das, was der Aufklärer Bacon mit seinem Satz "Wissen ist Macht" zwar noch nicht erkennen konnte, aber meinte. Die "Ohnmacht des Wissens" ist in der IBM-Strategie ausgeklammert. Ganz im Sinne der Aufklärer existiert für sie nur das, was machbar ist. Mit diesem Realitätssinn kommt die Überzeugungskraft.

Sonntag, 25. Januar 2009

Kapitel II: 4.0 Exkurs

Am Anfang war die IBM. Sie beherrschte einen Markt, den es noch gar nicht gab, zu hundert Prozent. „Perpherie“ war so „System“-immanent, dass eine Trennung unvorstellbar erschien. Das plötzliche Auftauchen der Mixer zeigte der IBM, dass ein Teil ihrer komplexen Dienstleistung Datenverarbeitung aus simplen Aggregaten bestand. Fassungslos stand der Riese vor der tollkühnen Tat des ersten Mixers. Nicht der Nachbau verwirrte die IBM, sondern vielmehr die Bereitschaft der Kunden, diese Duplikate zu akzeptieren.
4.1 Reaktion
Verbittert und enttäuscht produzierten alle Ebenen des Multis Gegenstrategien, zunächst auf emotionaler Basis. Vor allem gegenüber abtrünnigen Kunden wurden Revanchegelüste wach. So wurde zum Beispiel innerhalb der IBM Deutschland ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, Mixed-Hardware-Benutzer zu Anwendern zweiter Klasse zu degradieren. Sie sollten auf den turnusmäßigen Ausbildungsseminaren isoliert werden, damit sie das schädliche Gedankengut nicht weiter tragen. Doch nicht genug: Der Bannfluch sollte auch die tägliche Anwendung treffen. IBM wollte sich der Systemunterstützung entsagen. Der Glaube an die eigene Überlegenheit verhinderte allerdings die Ausgeburt eines gekränkten Unternehmens. Die Selbstachtung wurde in einer pfiffigen Strategie wiederhergestellt.
4.2 Aktion
Wohlwollende Bestrafung der Mixed-Hardware-Interessenten und –Kunden durch sanfte Verunsicherung war das Ziel. Verwirrung der Mix-Bieter durch ständige Veränderung der Preise, Vertragsformen und Produktpalette war das andere. Dies gelang vollauf.
Mit dieser Zielsetzung im Koffer gingen die VBs ins Feld.
Ihre Mission: Die Vor- und Nachteile des Mixens nach objektiven Maßstäben (die allein die IBM setzte) zu erklären. Das Schn ittstellenproblem und das Wartungsrisiko sind Kreation dieser Strategie. Clou jedoch war der rührende Appell an die Vernunft des Benutzers, sich durch langfristige Bindung an einen Mixer sich dem technischen Fortschritt zu entziehen. Griff auch dieses Argument nicht, wurde der IBM-eigene Langzeitvertrag angeboten. Wenn gar nicht mehr ging, wurden Preissenkungen angedroht, die irgendwann tatsächlich erfolgten.
Die Miex-Hardware-Anbieter tricksten sich zunächst selbst aus, indem sie untereinander einen unerbittlichen Kampf inszenierten. Sie vernachlässigten die Beobachtung der IBM-Strategien und fixierten sich im direkten Konkurrenzvergleich. Die erzielbaren Preise sanken unter die Kosten. Die Folgen waren starke finanzielle Turbulenzen, die den IBM VBs neuen Gesprächsstoff boten. Der Sympathieverlust war beträchtlich. IBM-Nostalgie machte sich breit.

Das Durchstehvermögen der Mix-Bieter war zu wenig ausgeprägt, um eine grandiose Idee zu etablieren und in Geld umzusetzen. Mangelnde Preisdisziplin, schwache Organisation und fehlende Überzeugungskraft gegenüber dem Kunden haben viel mehr zum bisher nicht erfreulichen Status beigetragen als die nicht fairen, aber legalen Gegenstöße der IBM.
In höchster Not zogen mehrere Mixer zu Gericht. Angeklagter: IBM. Anklage: Mangelnde Toleranz der IBM gegenüber Unfähigkeit. Urteil: Falsches Marktverhalten ist nicht schadensersatzpflichtig.

Sonntag, 18. Januar 2009

Kapitel II: 3.0 Mix-Verständnisse

Pfiffige Ingenieure des Zubehörlieferers Memorex zäumten des Geschäft von hinten auf. Die Methode: Reverse Engineering. In einem Kleinlabor zerlegten sie eine IBM-Platteneinheit (2311) in ihre Bestandteile, rekonstruierten die Stückliste, korrigierten einige Schönheitsfehler und gingen mit der Produktion in Serie.
Der Erfolg war frappierend: Die Kunden akzeptierten den großen Mix trotz "Parasiten- und Schmarotzer-Wehgeschrei" der IBM. Kompatibilität war in.
Innerhalb kürzester Zeit schossen Mixed-Hardware-Anbieter wie Pilze aus dem Boden und okkupierten vom IBM-Produktspektrum alles, was nicht niet- und nagelfest war. Platten, Bänder und Drucker. Doch was als große Schlacht begann, endete als Kleinkrieg. Die Partisanen zerfleischten sich gegenseitig, und die zunächst höchst beleidigte IBM amüsierte sich.
Die Erfinder der Mixed-Hardware-Strategie hatten klar erkannt, dass die BM die stetig sinkenden Entstehungskosten für Hardware bei ihrer Endpreisgestaltung nicht entsprechend würdigte. In der Peripherie lag enormer Profit.
Beispiel: Die Herstellungskosten für eine 2311-Platteneinheit spielte die IBM mit sechs Monatsmieten ein, die durchschnittliche Installationszeit lag bei vier Jahren. Ähnlich günstig war das Verhältnis bei Bandeinheiten und Druckern.
Die von IBM vorgelegte Profitspanne war so groß, dass die ersten Mixer die Herstellungskosten unberücksichtigt lassen konnten. Ihre Vertriebsstrategie war schlicht und zu einfach: Mit einem willkürlich festgelegten Rabatt auf den IBM-Preis gingen sie in den Markt und sammelten Aufträge. Das ging nicht lange gut, denn ernsthafte Konkurrenz entstand durch den Mixer von nebenan.

Samstag, 17. Januar 2009

Kapitel II: 2.0 Der Fordfall

Henry II. besuchte Thomas II. Nach dem Austausch der üblichen Höflichkeiten kanm Henry II. zur Sache. Danach war für IBM Ford fort. Was war geschehen?
Henry II., der Autokönig, hatte über das Preis-/Service-Verhältnis seiner 1401-Armada nachgedacht und dabei konstatiert, dass der Rechenpower keine Manpower gegenüberstand. Die Bestätigung erhielt er durch ein Honeywell-Angebot, den weltweiten Austausch seiner Systeme zu halbem Preis und doppeltem Service zu regeln.
Der H-200-Coup traf voll auf den Punkt, um den sich das ganze IBM-Verkaufssystem drehte: Oberstes Prinzip allen Verkaufens ist es, den Kunden in eine Abhängigkeit zu bringen, aus der er sich nur mit hohem Verlust lösen kann. Dieser Glaube ist nicht zu erschüttern, solange die Mitbewerber allein auf technologischem Vorsprung vertrauen. Das Verkaufsargument Innovation ist das, was den Kunden schreckt, und ihn immer wieder in die heile Welt der IBM zurücktreibt. Honeywell kopierte mit der H 200 Technik und Vertrieb des Marktführers. Zur Diskussion gestellt wurde lediglich der Preis. Damit vollzog sich eine Umkehrung der Werte, auf die IBM setzte. Plötzlich war die IBM abhängig von ihren Kunden.
Thomas der II. , der Rechenkünstler war geschockt. Eine kurze Zwischenbilanz machte ihm schlagartig zwei Dinge klar:
- Erstens: Zwanzig Prozent seiner Kunden brachten achtzig Prozent seines Umsatzes und seines Profits,
- Zweitens: Die straffe Hardwarefessel wurde brüchig. Der erste Knoten war geplatzt.
Mit dem vorzeitigen /360-Announcement im April 1965 wurden alle IBM-Probleme überspielt. Neue Maßstäbe der Abhängigkeit setzte die Software, der die IBM fortan mehr vertraute als der Hardware.
Aus gutem Grund: Die Hardwarepreise sackten in den Keller, ein im Computergeschäft bislang kaum frequentiertes Marktsegment. Die ersten Mixer zogen ein. Was im Keller begann, endete beim Speicher.

Freitag, 16. Januar 2009

Kapitel II: 1.0 Die 1401 und Honywell

Die 1401, das Standardwerk aus Festkörpern, war nicht unantastbar: Der erste Angriff erfolgte traditionsgemäß durch den unverwüstlichen Jim Rand mit UNIVAC Solid State 80/90 II, die – wie gehabt – leistungsfähiger und preiswerter war und entsprechend niedrige Verkaufsziffern erzielte. In Europa rumorten die Franzosen, von de Gaulle motiviert, aber nicht nachhaltig finanziert, mit der Bull-Gamma-Serie, die einen echten Marktdurchbruch erzielte. Auf dem Höhepunkt der Erfolgskurve sackte Bull in die roten Zahlen ab. Zu schnelles Wachstum ging eindeutig auf Kosten der Eigenkapitalbasis und die Verluste stiegen auf 100 Millionen DM.
Der ernsthafteste Konkurrent der IBM kam aus der Regeltechnik. Honeywell kopierte die 1401, machte sie schneller, verkaufte sie 50 Prozent unter IBM-Preis und lieferte mit dem „Librator“ die erste kompatible Software mit. Die Honeywell H 200 wurde die erfolgreichste Nicht-IBM-Anlage. Grund: Zum ersten Mal hatte ein Mitbewerber auf technische Innovation verzichtet und sich an marktkonformen Standards orientiert.
Der Vertrieb wurde an kurzer Leine geführt und katapultierte rund 2000 H 200 auf den Weltmarkt. Verschreckt reagierte IBM zum gerade noch richtigen Zeitpunkt und kündigte die /360 vorzeitig an. Der Regelkreis schloss sich wieder einmal. Der Ankündigungseffekt, den IBM erstmals auf breiter Basis inszenierte, pushte die zweite Generation ins Abseits.
Die Honeywell-Strategie, IBM mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, war zwar kein absoluter Volltreffer, doch wies er die richtige Richtung. Durch das Announcement der /360 geriet Honwell zwar zeitweise in finanzielle Engpässe, da die H-200-Serie entgegen den Erwartungen nur in kurzfristigen Verträgen im Markt blieb. Dennoch resultierte daraus eine Kundenbasis, die bis heute tapfer verteidigt und ausgebaut wird.

Dienstag, 6. Januar 2009

Montag, 5. Januar 2009

3.18 Der Einzug der Transistoren

Doch mit einem leichten Paukenschlag kündigte sich bereits im Jahre 1955 der glorreiche Einzug der Transistoren an: Mit dem Versuchsmodell Tradic den zu American Telephone and Telegraph gehörenden Bell Laboratories der erste tastende Schritt in die zweite Generation. Drei Jahre später folgte Philco mit dem System 2000-210, Autonetics, General Electric, NCR und RCA. Univac, Bunker Ramo Corp. und CDC preschten ebenfalls mit transistorisierten Rechnern in den Markt, ehe IBM 1959 mit der 1620 und der 7090 sich langsam auf das neue Technologie-Terrain vorwagte.
Auch hier zeigte sich erneut, dass der technologische Vorsprung nicht die notwendige Bedingung für Markterfolg ist. Erst das 1960 installierte Datenverarbeitungssystem IBM 1401 war der eigentliche Knüller der Transistorzeit. Das Zusammenspiel von Lochkartenanlagen, die immer noch den Markt bevölkerten, und deren gezielte Ablösung durch die zweite Generation entschied den Markt zugunsten der IBM.
Nachdem sie sich an den Röhren fast die Finger verbrannt hatte, brachte die Festkörpertechnik die Computer richtig zum Laufen. Dabei war die 1401 der Renner. Noch heute treten gestandenen EDV-Profis Tränen in die Augen, wenn über dieses System gesprochen wird. Nostalgie, die - wie böse Zungen behaupten - darauf basiert, dass die 1401 der letzte Computer war, den sowohl IBM wie Benutzer noch voll im Griff hatten. Französische Forscher im IBM Labor Paris packten als erste das 1401-Konzept an. Sie ersannen die Logik, die in Endicott in Hardware umgesetzt wurde.
Umsatz machte das System dfurch beinen marktkonformen Mietpreis bei entsprechender Leistung. In einem internationalen Verkaufsfeldzug löste sie mehr und mehr die Tabelliermaschinen ab. Von der 1401 wurden weltweit mehr als 5000 Systeme installiert. Dieser Verkaufsschlager brachte die IBM in eine solche Euphorie, aus der sie mit dem Renommierauftrag "Stretech" mit einem dicken Kater erwachte.
Die amerikanische Atomenergiebehörde bestellte Anfang der sechziger Jahre bei bei der IBM einen Giganten, das damals größte verfügbare Computersystem 7030. Bei dieser Maßanfertigung geriet die IBM in Stretch-Stress. Der Liefertermin wurde nicht eingehalten. Die Anlage erreichte nur 70 Prozent der angekündigten Leistung. IBM musste den Preis der Leistung anpassen und eine Gutshcirft über 4,5 Millionen Dollar ausstellen. Insgesamt fuhr sie mit dem 7030-Stretech-System 20 Millionen Dollar Verlust ein. Den Profit machte ein kleiner Mitbewerber, der die IBM auch später in Kalamitäten brachte: die Control Data Corporation (CDC), die sich mit der Spezialisierung auf wissenschaftliche Rechner einen interessanten Teilmarkt sicherte.
Währenddessen erhielt die 1401 Zuwachs. Es bildete sich eine lockere Systemsippe: 1401 H, 1401 G, 1440, 1410, 1480. Für frühreife Transistoraufsteiger gab es die 7000er Serie, bei der 1401-Systeme als schnelle Output-Maschinen eingesetzt wurden.

Sonntag, 4. Januar 2009

3.17 Kassenschlager


Zum ersten Kassenschlager gerierte der IBM die 650, die über einen Magnettromelspeicher verfügte und 4800 Dollar Monatsmiete kostete: Laut Angaben der IBM wurden von diesem System über 1000 Stück gefertigt. 1953 schaltete sich Frankreich in das immer lukrativer werdende Rechnergeschäft ein: BULL kreierte die Gamma 3. Es folgte ein internationales Konzert der Rechenorgeln, in dem IBM wie üblich den Takt angab und gleichzeitig die erste Röhre strich.


Korrektur:
„Einer der am weitesten verbreiteten Rechner mit Magnettrommel war der IBM 650, von dem ab 1954 etwa 1800 Stück gebaut wurden. Seine Trommel verfügte über eine Speicherkapazität von 2000 Worten je zehn Stellen.“

Hans Heger, Stuttgart 1990: „Die Geschichte der Datenverarbeitung, Band I“, IBM Enzyklopädie der Informationsverarbeitung

Samstag, 3. Januar 2009

3.16 Jim Rands Chance

Zu spät kamen die Röhrenpioniere Eckert & Mauchly auch zu Watson, der nach dem Erlebnis mit Aiken von Wissenschaftlern nicht mehr allzu viel erwartete. Ihre Angebote, ENIAC für IBM zur Serienproduktion ausreifen zu lassen, lehnte Watson mit Verweis auf Marktforschungen ab. Auch beim zweiten Bittgang biss Watson nicht an. Das war die Chance für Jim Rand, die Scharte aus dem Lochkartenzeitalter auszuwetzen.
Das Projekt UNIVAC I lief an. 1951 flimmerte der erste kommerzielle Rechner über die Bildröhren der Vereinigten Staaten. Funk und Fernsehen produzierten einen wahren Computer-Rausch und versetzen Watson den größten Schock seiner Laufbahn. Er musste mitansehen, wie Jim Rand, sein stärkster Konkurrent aus der Lochkartenzeit, Medienpolitik in höchster Vollendung zelebrierte. Doch nicht nur das: Mit UNIVAC I sicherte sich zum zweiten Mal ein Mitbewerber den renommierträchtigen Massenauftrag der Volkszählung.
Dass es Watson nochmals gelang, "trotz einer der größten Fehleinschätzungen, die jemals bei Marktanalysen erfolgte" (Datamation), das vorgelegte Know-how um die rechnenden Röhren aufzuholen, lag erstens am Ungehorsam seines Sohnes Thomas J. Watson Junior, zweitens an der Unfähigkeit Jim Rands, einen technologischen Vorsprung von drei Jahrzehnten in Kommerz umzusetzen, drittens an einem blitzschnell gestarteten Crash-Programm.
- Zu erstens: Aufgrund von Markterkundungen hatte der alte Watson jegliche Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Großrechenanlagen verboten. Doch sein Sohn ließ diese Entwicklungsarbeiten auf Sparflamme weiterkochen.
- Zu zweitens: Jim Rand veranstaltete zwar mit seiner UNIVAC I einen Riesenwirbel, doch übers Volkszählen vergaß er, den Markt und seine Chancen zu überdenken. Er machte den entscheidenden Fehler, sich seinen Anzug nach IBM-Maßen schneidern zu lassen. Er kopierte Watsons Show-Business und vergaß das überlegte Slow-Business, die schrittweise Einführung neuer Technologien.
- Zu drittens: Das zweite große Crash-Programm, das nur ein Unternehmen wie IBM mit ihren damals bereits beachtlichen Geldreserven auf die Beine stellen konnte, zeigte bereits nach zwölf Monaten das erste marktfähige Resultat: den technisch-wissenschaftlich orientierten Rechner IBM 701, dem 1953 der Wirtschaftscomputer IBM 702 folgte.
Die Installationszahlen der erstmals "in Serie" gebauten Rechner waren allerings bescheiden: die 701 wurde im April 1953 zum ersten und letzten Mal installiert, die 702 brachte es weltweit auf acht Installationen. Die UNIVAC I-Installationen entsprachen offensichtlich auch nicht der spektakulären Verkündigung via TV: Trotz sorgfältiger Recherchen konnte nur eine Installationszahl (nämlich 23) erfmittelt werden, die allerdings das Folgesystem UNIVAC II einschließt. (Selbst in der Diebold-Statistik tauchen diese Systeme heute nicht mehr auf.)

Freitag, 2. Januar 2009

3.15 Sensation ENIAC


Denn ein Jahr nach Kriegsschluss offenbarte das Erfínder-Team Dr. J. Prosper-Eckert (Elektroingenieur) und Dr. John W. Mauchly (Physiker) das Geheimnis der rechnenden Röhren. Es schuf aus 18.000 Vakuumröhren die Weltsensation ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Calculator). Eine Sensation allerdings nur aus heutiger Sicht. Damals, im ersten Nachkriegsjahr, war ENIAC ein Blindgänger, denn für den geplanten Kriegseinsatz zündete er ein Jahr zu spät.
Nach der überholten Weisheit, dass der "Krieg der Vater aller Dinge" sei, wurden in der Nachkriegszeit alle Erfindungen am Stichtag 8. Mai 1945 gemessen. MARK I war langsam und lag richtig, ENIAC war zweitausendmal schneller und kam zu spät.

Donnerstag, 1. Januar 2009

3.14 MARK I, das Rechenungetüm


Howard Aiken


Mark 1 war der zweite und letzte Computer des Tabellierzeitalters. An zweiter Stelle lag er nicht nur historisch, sondern auch in der Leistung. Den ersten Computer aus der Generation Null hatte ein deutscher Ingenieur in den ersten Kriegsjahren ohne Förderprogramm in Berlin gebaut: Konrad Zuse. Seine elektromechanische Z3-Maschine mit interner Programmspeicherung benötigte für eine Multiplikation drei Sekunden. Doch diese Weltneuheit gelangte kaum über die großdeutschen Grenzen. Noch heute wird von vielen amerikanischen Autoren die Leistung des Deutschen vollkommen ignoriert. Auch der Brockhaus wusste lange Zeit nichts von Zuse. In der 1957er Ausgabe fehlt sein Name und seine Leistung völlig.
Desto mehr Furore machte in den Vereinigten Staaten MARK I. Allerdings drohte das Announcement 1944 unter Ausschluss Watsons und der IBM stattzufinden, die das Projekt mit über einer Million Dollar überhaupt möglich gemacht hatten. Bis ins Mark getroffen war der IBM-Senior, als er sah, dass der ehrgeizige Schöpfer von MARK I, der Harvard-Professor Howard H. Aiken, ihn an Eitelkeit zu übertreffen suchte. Sechs Jahre lang hatten IBM-Ingenieure nach den Plänen des Mathematik-Professors das mehrere Tonnen schwere Rechenwerk erstellt. Es war 15,5 Meter lang. 850 Kilometer Draht. 175.000 Steckkontakte und 1210 Kugellager verbargen sich hinter einem Gehäuse aus rostfreiem Stahl, Blech und Glas. Insgesamt waren es 765.000 Einzelelemente, die die neue Logik in Bewegung hielten. Die Performance gegenüber Zuses Zauberwerk ließ allerdings zu wünschen übrig: eine Multiplikation beschäftigte das Riesenbaby sechs Sekunden. Manpower und Money, die Investition der IBM, ignorierte generös das Computergenie aus "aikenen" Gnaden, der Mathematiker Aiken. In einer Pressekonferenz, einen Tag vor der offuiziellen Einweihung in Cambridge/Mass., jubelte Aiken sich, seine Universität und "seinen" Computer hoch. Zu hoch für Watson, der blass vor Zorn alle Hebel in Bewegung setzte, um sich, seine Firma und "seinen" Computer ins rechte Lich zurückzurücken. Aus diesen Cambridge Memories of Eitelkeit resultierte eine zwiespältige Einstellung Watsons zu Wissenschaftlern und deren Produkten.
Fazit: Das Dreigestirn Aiken, Watson, IBM setzte mit "MARK I" das Schlusslicht hinter die Relais-Zeit. Engstirnig wiegerte sich Watson von nun an, die Lichter des langsam aufglimmende Elektronik Zeitalters anzustecken.